Recht statt Freiheit für Maja T.

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Der Fall bewegt die deutsch-ungarischen Beziehungen. Während in Berlin Linke und Grüne einen brutalen Schläger zum Opfer deklarieren wollen, stellt Budapest klar, dass in der Donaurepublik der Rechtsstaat auch für Linksextreme gilt.

22. Juli .2025 Preußische Allgemeine Zeitung von Bence Bauer

Mitte Juli 2025 kündigte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) an, nach Budapest reisen zu wollen, um mit der ungarischen Regierung über die Haftbedingungen eines in Ungarn einsitzenden Angeklagten in einem Strafprozess zu verhandeln.

Zwar freuen sich die Ungarn grundsätzlich über jeden Besuch aus Deutschland, doch würden sie mit Herrn Wadephul lieber über die Zukunft der deutsch-ungarischen Beziehungen sprechen wollen – gerade nachdem aus Deutschland jahrelang Kritik an der ungarischen Politik geäußert wurde, die sich oftmals als falsch herausstellte und mehr über innerdeutsche Debatten selbst aussagte. Stattdessen dient die hochrangige Visite allein dem Zweck von Hafterleichterungen für eine kriminelle Einzelperson. Was eine Rekonstruktion sowohl der historischen Hintergründe als auch der konkreten Umstände der Tat des beziehungsweise der Maja T. – so der Name der angeklagten Person – erfordert.

Historische Hintergründe

Deutschland und Ungarn waren in ihrer gemeinsamen Geschichte über tausend Jahre miteinander auf das Engste verbunden. Ungarn war mittelbar Teil des deutschen Sprach-, Kultur- und Zivilisationsraumes. Dazu gehörte auch, dass die beiden Länder seit der Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 in keinem kriegerischen Konflikt mehr gegeneinander standen. Als am 11. Februar 1945, zum Ende des Zweiten Weltkriegs, deutsche und ungarische Truppen sowie Zivilisten den Ausbruch aus der feindlichen sowjetischen Umlagerung der Burg von Buda wagten, starben mehr als 24.000 Menschen, nur etwa 800 erreichten die deutschen Linien.

Dieser Tag ging ein in die Geschichte einer deutsch-ungarischen Schicksalsgemeinschaft, der seitdem auf unterschiedlichste Weise begangen wird.

Rechtsradikale gedachten dieses „Tages der Ehre“ mit Aufmärschen, doch die große Mehrheit der Magyaren hielt das Andenken zivilisiert, friedlich und ohne politische Bewertungen wach. Damit wollten sie das Gedenken bewusst nicht den wenigen NS-Romantikern in ihrem Lande überlassen, sondern an das Ereignis als einen ungarischen Trauertag erinnern.

Doch anders als die Linksradikalen blieben selbst die radikalsten Rechten in diesem Kontext gewaltfrei.

Dennoch war es linksextremen Kräften in Deutschland zunehmend ein Dorn im Auge, dass die Erinnerung an ein vermeintlich „rechtes Ereignis“ – die der Ausbruchsversuch vom 11. Februar 1945 auch nach der Ansicht vieler Historiker keineswegs war – auch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg noch immer gepflegt wird.

Dass dies ausgerechnet im als autokratisch gebrandmarkten Ungarn geschieht, wird als wohlfeiler Beleg der angeblich autoritären Gesinnung der ungarischen Regierungspolitik bewertet. Freilich wurde an den 11. Februar auch schon in der Regierungszeit früherer linker Regierungen erinnert, doch dies passt nicht ins aktuelle Bild.

Auch wird – vor allem in deutschen Medien – gern verschwiegen, dass die Regierung von Viktor Orbán nichts mit rechtsradikalen Umtrieben gemein hat und eine maximal große Distanz zu deren Aktivitäten hält. In Ungarn gilt zumal beim Antisemitismus eine Null-Toleranz-Politik. Die jüdischen Gemeinschaften im Lande erleben eine Renaissance, auch nach deren eigener Darstellung ist Ungarn eines der sichersten Länder für Juden in Europa. Und so führte die harte Linie gegenüber jeglicher Form von Gewalt nicht nur allgemein zu rapide sinkenden Kriminalitätszahlen, vielmehr sind gewalttätiger politischer Extremismus oder gar muslimischer Fanatismus heute völlig unbekannt.

Dass dennoch das friedliche Ungarn zur Zielscheibe eines militanten deutschen Linksextremismus wurde, sagt dann doch mehr über die deutschen Verhältnisse aus. Im Februar 2023 attackierten eigens zu diesem Zweck aus Deutschland eingereiste Linksradikale, die in den Medien oft als Mitglieder der „Hammerbande“ bezeichnet wurden, in mindestens vier Fällen auf Budapests Straßen wahllos Passanten, die sie aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes als vermeintlich Rechtsradikale wahrnahmen.

Die Angriffe erfolgten aus dem Hinterhalt, mit Hämmern, Schlagstöcken und Metallstangen, die unschuldigen Angegriffenen wurden von der Bande gemeinschaftlich attackiert und auch noch dann malträtiert, als sie bereits auf dem Boden lagen.
Vorwürfe der Anklage

Die Angreifer versuchten, sich nach vollbrachter Tat unmittelbar ins Ausland abzusetzen, um einer Strafverfolgung zu entgehen, doch einige wurden noch in Ungarn festgenommen. Vielleicht wären sie in Deutschland erfolgreich untergetaucht, doch Ungarn stellte Auslieferungsanträge.

Während ein anderer Tatverdächtiger aufgrund des laufenden Strafprozesses in Deutschland nicht ausgeliefert wurde, überstellten die deutschen Behörden den damals 22-jährigen Simeon T. nach Ungarn. Er soll der Anklage nach an allen vier Attacken beteiligt gewesen sein. Der Tatvorwurf ist schwere Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung; in Deutschland käme wohl zusätzlich der Vorwurf des versuchten Mordes dazu, da die Opfer heimtückisch angegriffen wurden.

Am 28. Juni 2024 wurde T. nach Ungarn ausgeflogen, nachdem am Tag zuvor das Kammergericht Berlin sowie der Bundesgerichtshof die Klage gegen die drohende Auslieferung verwarfen. Jedoch stoppte das Bundesverfassungsgericht am folgenden Morgen im einstweiligen Rechtsschutz die Auslieferung und urteilte im Februar 2025 in der Hauptsache, dass das Kammergericht nochmals die Umstände der genauen Haftbedingungen in Ungarn hätte prüfen müssen. Jedoch befand sich T. am 28. Juni 2024 zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits auf ungarischem Boden.

Im laufenden Strafprozess in Budapest wies der Angeklagte die Tatvorwürfe zurück und verlas stattdessen eine politische Erklärung, in der die Haftbedingungen ebenso kritisiert wurden wie allgemein der ungarische Rechtsstaat wie auch die Politik des Landes.

In Ungarn gilt der Rechtsstaat jedoch für alle, wer andere derart attackiert wie T., muss mit Konsequenzen rechnen. Damit haben die Tatverdächtigen wohl nicht gerechnet, zu sehr wähnten sie sich in ihren eigenen Schutzräumen sicher.

Ein Verbrechen wird zum Politikum

Politisch aufgeladen wurde der Fall, als Politiker der deutschen Linkspartei die sich mittlerweile Maja T. nennende Person in der Haftanstalt in Budapest aufsuchten und dabei Zeter und Mordio schrien. Thematisiert wurde nicht etwa die menschenverachtende Brutalität der Tat, sondern einzig der Umstand, dass die Haftbedingungen nicht den Ansprüchen von Maja T. entsprächen. Zudem bezeichnet sich Maja T. jetzt als queere Person und identifiziert sich als nicht-binär, was dazu führe, dass sie in Isolationshaft sitzen müsse und daher schlecht behandelt werde.

Doch gerade das Gegenteil ist der Fall. Die Isolationshaft schützt in erster Linie Maja T. vor den Mithäftlingen. Die ungarische Rechtsauffassung orientiert sich am wissenschaftlichen Stand der Biologie: Es gibt nur Mann oder Frau.

Die sich als Frau ausgebende Maja T. wurde als Simeon T. geboren und gilt daher nach ungarischer Gesetzeslage als Mann. In einem Männergefängnis könnte die körperliche Unversehrtheit dieser Person wohl kaum garantiert werden,

und in Ungarn werden die sich als Frauen bezeichnenden Männer nicht in Frauengefängnisse gesteckt, um die dortigen Frauen zu schützen.

Jedoch werden diese eindeutigen Tatsachen ins Gegenteil verkehrt, und am ersten Jahrestag der Auslieferung besuchten die deutschen Politiker der Grünen Katrin Göring-Eckardt, MdB, und Daniel Freund, MdEP, die Transperson in Budapest. Die schweren Vorwürfe insbesondere an die Adresse der ungarischen Regierung wurden gebetsmühlenartig repetiert und es wurde gefordert, dass Maja T. wieder nach Deutschland rücküberführt werden sollte. Dem verschließt sich die ungarische Seite. Zwischendurch war Maja T. in einen Hungerstreik getreten, der nach Verlegung in ein Haftkrankenhaus in Südungarn inzwischen beendet ist.

Im Fall von Maja T. kommen alle Befindlichkeiten und Missverständnisse zusammen, die das aktuelle deutsch-ungarische Verhältnis belasten und die ein genaues Sittenbild der deutschen Gesellschaft zeichnen. Die deutsche Politik erhebt Vorwürfe, die wohl viel von der inneren Befindlichkeit Deutschlands verraten. Der eigentliche Anlass, der „Tag der Ehre“ genannte 11. Februar 1945, wäre ohne den Nationalsozialismus und die daraus folgende sowjetische Besetzung Ungarns gar nicht zu denken gewesen.

Ebenso können es viele Ungarn nicht fassen, dass ein gewaltbereiter Linksextremismus in Deutschland um sich greift und diese Gewalt – mit Duldung der deutschen Politik – in friedliche und unbeteiligte Länder exportiert.

Dass dabei gegen linksradikale Störenfriede in Deutschland kaum etwas unternommen wird, sondern sie von der Politik auch noch hofiert werden, spricht Bände und lässt Deutschland aus ungarischer Sicht in keinem guten Licht dastehen. Die Forderung, die Regierung in Budapest müsse etwas für Maja T. unternehmen, ist absurd angesichts der klaren Gewaltenteilung, die in Ungarn sehr ernstgenommen wird.

Sympathien für einen Extremisten

Gleich zu Prozessauftakt wurde das ungarische Kulturzentrum in Berlin von der Antifa gewaltsam angegriffen. Ungarn kennt keinen Linksextremismus und möchte mit ihm auch nichts zu tun haben. Straftäter müssen nach ungarischem Rechtsverständnis unabhängig von ihrer politischen Einstellung und sexuellen Orientierung zur Rechenschaft gezogen werden. 

Im Fall von Maja T. besteht hierfür auch eine Chance, sollte die deutsche Politik den Fall nicht zum Anlass nehmen, ohne sachliche Rechtfertigung noch mehr politischen Druck auf Ungarn auszuüben, um einer fanatisierten radikalen Minderheit entgegenzukommen. Am Sonntag, den 13. Juli, organisierte die Antifa bereits eine große Solidaritätsdemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz und campierte vor dem Auswärtigen Amt. In vielen deutschen Großstädten trifft man unentwegt auf „Free Maja“-Motive.

Die Mittäterin von Maja T, eine italienische Lehrerin namens Ilaria Salis, wurde von den italienischen Grünen auf deren Wahlliste zu den Europawahlen am 9. Juni 2024 gesetzt und in das Europäische Parlament gewählt; fünf Tage später musste sie von den ungarischen Behörden freigelassen werden.

Seitdem war es nicht möglich, ihre Immunität im EU-Parlament aufheben zu lassen. Von dort, mit einem stattlichen Salär ausgestattet, attackiert sie die ungarische Regierung wegen angeblicher Rechtsstaatsmängel. Es offenbart ein merkwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und von europäischen Werten, wenn wegen schwerer Körperverletzung angeklagte Antifa-Schläger nunmehr als Abgeordnete Belehrungen über Demokratie und Menschenrechte von sich geben.

Vielleicht gibt der Fall aber auch vielen zu denken, dass nicht nur die gegen Ungarn vorgebrachten Anschuldigungen hinsichtlich der Umsetzung von Rechtsstaat und Demokratie keineswegs der Wahrheit entsprechen, sondern dass dies auch andere kritisierte gesellschaftliche Entwicklungen betreffen könnte.

Bence Bauer ist Direktor des Deutsch-Ungarischen Instituts am Mathias-Corvinus-Collegium in Budapest.

Originalerscheinung: https://paz.de/artikel/recht-statt-freiheit-fuer-maja-t-a14997.html

Bildquelle: Magyar Nemzet

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